?Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben!“
Legitimationskrise, Chancen und Perspektiven: ?ber die Rolle der Geisteswissenschaften wurde vor allem im vergangenen Jahr viel diskutiert. Ein Buch vereint nun verschiedene Argumente zu diesem Thema.
Mit ?Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben!“ reagieren die Herausgeber auf die ?ffentliche Debatte um die Geisteswissenschaften, die vor allem im vergangenen Jahr, dem offiziellen ?Jahr der Geisteswissenschaften“, entflammte. Immer wieder müssen sich Geisteswissenschaftler rechtfertigen und um Akzeptanz im ?ffentlichen Diskurs k?mpfen. Dem selbstbewussten Titel des Buches entsprechen die Aufs?tze diverser Vertreterinnen und Vertreter geisteswissenschaftlicher F?cher. Es geht um die gesellschaftliche Leistung der jeweiligen Disziplin, m?gliche Bildungsziele des Studiums sowie potentielle Arbeitsmarktchancen der Absolventen oder um die Realisierbarkeit interdisziplin?rer Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften.
Au?erdem besch?ftigen sich Repr?sentanten aus Politik, Wissenschaft und Kultur, unter anderem die Bundesministerin für Forschung und Technologie, Dr. Annette Schavan, mit der Frage, wie die umstrittenen Wissenschaften politisch und gesellschaftlich h?heres Ansehen erlangen k?nnen. Der letzte Teil des Buches enth?lt Texte, die verschiedene Positionen angesichts des spannungsreichen Mit- und Gegeneinanders von Natur- und Geisteswissenschaften vereinen.
Dem Leben Glanz, Farbe und Sinn verleihen
Auch die Bamberger Professorin Dr. Elisabeth von Erdmann hat in dem Band Stellung bezogen. In ihrem Aufsatz ?Imagination und Reflexion. Zur Gefangenschaft der Geisteswissenschaften im Nutzen- und Leistungsdenken“ legt die Inhaberin des Lehrstuhls für slawische Literaturwissenschaft der Universit?t Bamberg dar, dass die Leistung von Geisteswissenschaften ?konomisch nicht messbar sei. Durch den Anspruch an die Geisteswissenschaften, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Funktionen zu erfüllen, gerieten diese unter einen Legitimationsdruck, dem sie nicht gewachsen seien. Da die geisteswissenschaftliche Forschung abh?ngig von F?rdergeldern ist, müsse diese sich immer wieder vor Fachfremden als f?rderwürdig erweisen. Darin sieht von Erdmann eine Bedrohung der freien Wissenschaft. Statt nach dem ?konomischen Nutzen seien Fragen nach den Qualit?ten der Geisteswissenschaften angebracht. Geisteswissenschaften führen n?mlich nicht nur in die praktische Welt des ?konomischen und gesellschaftlichen Nutzens, sondern er?ffnen den Blick über die be-grenzte Welt hinaus, so von Erdmann. Imagination und Denken k?nnten Modelle erschlie?en, die einen eigenst?ndigen Bereich bilden, der allerdings eine gleiche Objektivit?t aufweise wie die Felder anderer Disziplinen.
Deshalb seien geisteswissenschaftliche Werte wie ?Phantasie“ und ?Imagination“ Werte, die nicht instrumentalisiert und kontrolliert werden k?nnen. Den ?Nutzen“ der umstrittenen Disziplinen sieht von Erdmann nicht in konkret Messbarem, sondern im Miteinbeziehen verschiedener Aspekte und in der Entwicklung von Perspektiven, die dem Leben Glanz, Farbe und Sinn verleihen k?nnen.
Sinn und Eigenrecht der Geisteswissenschaften
Prof. Dr. Oliver Jahraus, ehemaliger Dozent an der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg, besch?ftigt sich in seinem Beitrag ?Sinn und Eigenrecht der Geisteswissenschaften“ mit dem aktuellen Status der Geisteswissenschaften. Er geht dabei von dem soziologischen Ansatz Luhmanns aus, der aufzeigt, dass nach Wegfall der absolutistischen Herrschaftsstrukturen eine Ausdifferenzierung der Lebensbereiche entstand. Da in der heutigen Zeit die Wirtschaft das vorherrschende gesellschaftliche Teilsystem sei, bevorzugt die Gesellschaft den Wissenschaftsbereich der Naturwissenschaften aufgrund seiner ?konomischen Dimension. So sehen sich die Geisteswissenschaften vor zwei Probleme gestellt: Auf gesellschaftlicher Ebene müssen sie sich selbstbewusst behaupten und in dem Teilsystem ?Wissenschaft“ die Kluft zu den Naturwissenschaften überwinden. Zur Legitimation der Geisteswissenschaften argumentiert Jahraus, dass 球探足球比分 Naturwissenschaft zusammen den Gesellschaftssektor ?Wissenschaft“ bilden und sich gegenseitig bedingen.
Das Buch
J?rg-Dieter Gauger/ Günther Rüther: Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben! Ein Beitrag zum Wissenschaftsjahr 2007. Herder 2007. Broschiert, 584 Seiten. Euro 19,00.