Aktueller Stand: Prüfungsphase und Rückkehr zur Pr?senzlehre
Das vierte Corona-Semester ist fast zu Ende, die Inzidenzzahlen sind nach wie vor hoch, Prüfungsphase und Planungen des Sommersemesters 2022 sind in vollem Gange. Im Interview sondiert Vizepr?sident für Lehre und Studierende Prof. Dr. Stefan H?rmann die Lage und betont: ?Das kommende Semester wird ein Pr?senzsemester werden!“
Lieber Herr H?rmann, die Vorlesungszeit ist vorbei, die Universit?t Bamberg erlebt die letzten Wochen des vierten Corona-Semesters. Wie f?llt Ihr Fazit aus?
Stefan H?rmann: Differenziert. Wir alle haben im Herbst auf ein Semester mit hohem Pr?senzanteil gehofft, das sich dann innerhalb weniger Wochen wieder als weitgehendes Onlinesemester entpuppt hat. Zu dieser entt?uschten Erwartungshaltung bei vielen Studierenden und Lehrenden kommen staatlich verordnete Infektionsschutzma?nahmen, die nun schon über lange Zeit sehr gravierende Einschr?nkungen auch im universit?ren Leben mit sich bringen.
L?sungen zu finden, um Bildungserwerb unter sich oftmals kurzfristig ?ndernden und immer wieder schwierigen Bedingungen trotzdem für unsere vielen Studierenden zu erm?glichen, ist eine enorme Herausforderung – für mich die gr??te in der bisherigen Pandemiezeit. Dass uns dies im jeweils erlaubten Rahmen vielfach gut gelungen ist, verdanken wir dem au?erordentlichen Engagement und beherzten Einsatz aller Beteiligten. Dafür bedanke ich mich im Namen der gesamten Universit?tsleitung sehr herzlich.
K?nnen Sie die Auswirkungen der Infektionsschutzma?nahmen an einem Beispiel verdeutlichen?
Wenn wir jungen Menschen, die bei uns studieren wollen, aufgrund der 2G-Regelung den Zutritt zu unseren Lehrveranstaltungen und Bibliotheken nicht mehr gew?hren dürfen, weil sie nicht oder nicht ausreichend geimpft sind und ein negativer Corona-Test allein nicht mehr ausreicht, dann trifft uns das existenziell. Denn es berührt unseren Grundauftrag, den wir als Universit?t in dieser Gesellschaft wahrnehmen wollen und müssen.
Wir sind mitten in der Prüfungszeit, zugleich sind die Corona-Inzidenzzahlen nach wie vor sehr hoch. Finden die Prüfungen regul?r statt?
Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht kurzfristig deutlich ?ndern, wovon im Moment nicht auszugehen ist, werden wir die Prüfungen bis zum Schluss regul?r durchführen k?nnen. Wir haben ein mittlerweile sehr erprobtes und gut funktionierendes Sicherheitskonzept mit verschiedenen Ma?nahmen wie Abstands-, Masken- und 3G-Regelungen.
Was müssen Studierende beachten, die nicht an Prüfungen teilnehmen k?nnen – entweder, weil sie selbst an Corona erkrankt sind oder sich in Quarant?ne befinden?
Bereits im letzten Jahr haben wir den rechtlichen Rahmen geschaffen, um auf diese Situation flexibel reagieren zu k?nnen. Grunds?tzlich haben bei universit?ren Prüfungen alle betroffenen Studierenden die M?glichkeit, bei ihren Prüferinnen und Prüfern einen Nachtermin zu beantragen. Die Universit?tsleitung hat darum gebeten, über diese Antr?ge – wann immer m?glich – positiv zu entscheiden, insbesondere dann, wenn eine vers?umte Prüfung eine Verl?ngerung der Studienzeit nach sich ziehen würde.
Bei mündlichen und praktischen Einzelprüfungen ergeben sich in der Regel ohnehin kaum Probleme. Schon vor der Pandemie wurden hier bei krankheitsbedingten Ausf?llen gro?zügig Nachtermine gew?hrt. Gleiches gilt für Fristverl?ngerungen von Hausarbeiten. Selbst bei gr??eren dezentralen Klausuren, die in der direkten Verantwortung der Lehrenden liegen, lie?en sich schon immer in vielen F?llen flexible L?sungen finden.
Die Beispiele, die Sie gerade genannt haben, umfassen dezentrale Prüfungen. Wie geht die Universit?t mit Nachterminen bei zentralen Prüfungen um?
Etwas schwieriger gestaltet sich die Lage hier tats?chlich, weil wir aus organisatorischen Gründen nicht von vorneherein eine verdoppelte Prüfungsplanung vorsehen k?nnen: Wir haben in der jetzigen Prüfungsphase circa 17.000 Klausuren mit circa 300 verschiedenen Einzelprüfungen zu bew?ltigen, die alle organisiert und beaufsichtigt werden müssen. Hinzu kommt noch das Staatsexamen. Aber auch im zentralen Bereich nehmen alle, die für Prüfungen Verantwortung tragen, Nachprüfungsantr?ge sehr ernst. Sollte im konkreten Fall dennoch keine sofortige Prüfungswiederholung angeboten werden k?nnen, muss niemand l?nger als bis zum n?chsten Semester darauf warten.
Gibt es vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemiesituation noch andere Erleichterungen für Studierende?
Bayernweit gilt, dass auch das aktuelle Corona-Semester nicht auf die Regelstudienzeit oder die BAf?G-H?chstdauer angerechnet wird. Zus?tzlich hat die Universit?t Bamberg beschlossen, dass es auch im Wintersemester 2021/22 nun schon zum vierten Mal keine Anrechnung von Fehlversuchen bei Prüfungen gibt. Die Studierenden sollen in dieser schwierigen Situation bestm?glich unterstützt werden, deshalb haben wir uns erneut für diesen Schritt entschieden.
Die Universit?t plant ein Sommersemester in Pr?senz. Für wie realistisch halten Sie diese Vorgabe angesichts der derzeitigen Pandemiesituation?
Auf der Basis der für die n?chsten Wochen prognostizierten Entwicklung bin ich sehr optimistisch. Die Einsch?tzungen des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, die Erfahrungen aus dem letzten Jahr mit einer deutlichen Entlastung im Sommer sowie die derzeitigen politischen Signale stimmen mich zuversichtlich. Dazu passt auch der eindringliche Appell des Bayerischen Wissenschaftsministeriums an alle Hochschulen im Freistaat, in dem der Wunsch, zur Pr?senzlehre zurückzukehren, nochmals sehr klar formuliert wurde.
L?sst unsere Raumsituation ein Pr?senzsemester unter Pandemiebedingungen überhaupt zu?
Derzeit gibt es keine politischen Vorgaben, die Abstandsregelungen einfordern. Wenn die Pandemiesituation sich so positiv entwickelt, wie derzeit angenommen, sieht die Universit?tsleitung keinen Anlass, eine solche Vorsichtsma?nahme trotzdem zu ergreifen. Nach heutigem Stand gehen wir deshalb davon aus, dass wir – gegebenenfalls unter Einhaltung bestimmter Infektionsschutzma?nahmen – alle R?ume voll belegen k?nnen.
Wie definiert sich ein Pr?senzsemester angesichts der zahlreichen digitalen Lehr-Lernformate, die sich in den letzten Semestern seit Beginn der Pandemie entwickelt haben? Wird es diese weiterhin geben?
Unsere Lehre hat sich durch die digitalen Lehr-Lernformate enorm weiterentwickelt. Mit unserem interdisziplin?ren Projekt ?Digitale Kulturen in der Lehre entwickeln“ (DiKuLe) werden wir diese Entwicklung noch verst?rken und dafür in den n?chsten Jahren rund 4 Millionen Euro investieren. ?ber 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller vier Fakult?ten arbeiten in diesem Projekt, das von drei Koordinatorinnen und -koordinatoren betreut wird, zusammen. Es entstehen Video-Umgebungen für synchrone und asynchrone Formate oder Blended-Learning-Formate in digitalen Lehr-Lernlaboren. Wir vergessen also nicht, was wir in den letzten Semestern gelernt haben, im Gegenteil: Die Bamberger Pr?senzlehre der Zukunft wird selbstverst?ndlich digitale Elemente enthalten. Wie hoch und welcher Art genau der digitale Anteil an der Lehre sein wird, l?sst sich nicht pauschal sagen. Das ist eine individuelle Entscheidung der Lehrenden und dürfte sicherlich den einzelnen Fachkulturen gem?? unterschiedlich gehandhabt werden.
Wenn die Lehre weiterhin digitale Elemente enth?lt, ist es dann überhaupt n?tig, zum Studium in Bamberg zu sein?
Ja, das ist es unbedingt. Denn Pr?senzlehre bedeutet ganz grunds?tzlich, dass auch die digitalen Lehr-Lernformate, die zum Einsatz kommen, prinzipiell von einer Vor-Ort-Anwesenheit ausgehen. Es gibt für die Dozierenden keine Verpflichtung mehr, eine rein digitale Teilhabe an den Lehrveranstaltungen zu erm?glichen. Studierende, die ausschlie?lich aus der Ferne teilnehmen wollen, müssen also damit rechnen, dass sie zu bestimmten Lehrinhalten oder -formaten, wie zum Beispiel Gruppendiskussionen, nur eingeschr?nkt oder gar keinen Zugang haben, und dass sie die für manche Lehrveranstaltungen erforderliche regelm??ige Anwesenheit in Pr?senz nicht erbringen k?nnen.
Gibt es noch etwas, was Sie Lehrenden und Studierenden für die kommenden Wochen mit auf den Weg geben wollen?
Vor allen Dingen: Optimismus. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im kommenden Sommersemester endlich wieder ein akademisches Leben im eigentlichen Sinne führen k?nnen und eine Form von Gemeinschaft erfahren dürfen, die wir in den letzten Semestern alle schmerzlich vermisst haben. Ganz besonders freue ich mich auch auf unsere ausl?ndischen Studierenden, die wir hoffentlich wieder zahlreich vor Ort begrü?en k?nnen.
Vielen Dank für das Gespr?ch!
Das Interview führte Tanja Eisenach.