Ein Ort, ein Z?hmungsprozess
Sieben Jahre nach ihrer Entdeckung liefert die Kirschbaumh?hle auf der N?rdlichen Frankenalb, Deutschlands erste und bislang einzige unberührt aufgefundene Schachth?hle, erneut wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Knochen eines circa 4700 Jahre alten Hundes, insbesondere der gut erhaltene Sch?del, fanden Eingang in ein internationales Forschungsprojekt, an dem auch die Professur für Ur- und Frühgeschichtliche Arch?ologie der Universit?t Bamberg unter der Leitung des wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Timo Seregély beteiligt ist.
Durch die DNA-Analyse des jungsteinzeitlichen Kirschbaumh?hlen-Hundes sowie eines weiteren pr?historischen Hundeknochens aus Herxheim in der Pfalz haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Stony Brook University New York und der Universit?t Mainz festgestellt, dass ihre Genome recht sicher die Vorfahren moderner europ?ischer Hunde darstellen. Die Studie legt weiterhin nahe, dass alle heutigen Hunde einen gemeinsamen geografischen Ursprung haben und aus einem einmaligen Z?hmungsprozess von W?lfen vor 20.000 bis 40.000 Jahren hervorgegangen sind.
?Im Gegensatz zu den Resultaten vorangegangener Studien stellen wir fest, dass unsere Hunde, die etwa aus der gleichen Zeitperiode stammen wie die zuvor untersuchten, den modernen europ?ischen Hunden sehr ?hnlich sind, einschlie?lich der meisten Rassehunde, die die Menschen als Haustiere halten“, erkl?rt Projektleiter Dr. Krishna R. Veeramah von der Stony Brook University. ?Dies legt nahe, dass es wahrscheinlich nur einen einzigen Domestikationsprozess für die Hunde gab, die wir im Fundmaterial der Steinzeit finden und die wir auch heute sehen und mit denen wir zusammenleben.“ Auch die Datierung unterscheidet sich von bislang bekannten Erkenntnissen. Denn ?ltere Studien gehen davon aus, dass der Z?hmungsprozess vor 19.000 bis 32.000 Jahren stattfand.
Geografischer Ursprung nach wir vor unbekannt, jedoch auf eine Region beschr?nkt
Wo genau in Asien oder Europa der ?bergang vom Wolf zum Hund stattgefunden hat, konnten die Forscher noch nicht herausfinden, aber er ist den aktuellen Ergebnissen nach auf nur eine bestimmte Region beschr?nkt. Dr. Timo Seregély führte die arch?ologischen Untersuchungen in der Kirschbaumh?hle durch und konnte unmittelbar neben dem 4700 Jahre alten Hundesch?del auch Sch?del und Knochen zweier in die gleiche Zeit datierten Menschen nachweisen, welche beziehungsweise deren unmittelbare Vorfahren sehr wahrscheinlich aus Ostmitteleuropa eingewandert sind. Der Kirschbaumh?hlen-Hund stellt genetisch betrachtet eine Mischung aus europ?ischen Hunden und einer Population dar, die heutigen asiatischen beziehungsweise indischen Stra?enhunden ?hnelt. Timo Seregély erkl?rt: ?Am ?bergang vom vierten zum dritten vorchristlichen Jahrtausend fanden ausgehend von den pontischen Steppengebieten und der dort ans?ssigen Yamnaya-Kultur enorme gesellschaftliche und ideologische Umw?lzungen statt, welche neue pr?historische Kulturen wie die Schnurkeramik im ?stlichen Mitteleuropa entstehen lie?en. Genetisch ist mittlerweile auch sicher nachgewiesen, dass dabei Migration eine entscheidende Rolle spielte. Wir postulieren deshalb, dass eingewanderte schnurkeramische Siedler ihre Tiere mitbrachten und dadurch die asiatische genetische Komponente erkl?rbar ist.“ Um den geografischen Ursprung der Hundedomestikation genauer zu bestimmen, müsste allerdings mehr pr?historisches Knochenmaterial von Hunden aus der Altsteinzeit vorliegen. Die bislang ?ltesten ?berreste eines Hundes, welcher eindeutig vom Wolf abgegrenzt werden kann, stammt ebenfalls aus dem heutigen Deutschland und ist rund 15.000 Jahre alt.
Weitere Ausgrabungen und DNA-Analysen von Knochenfunden geplant
Die Kirschbaumh?hle wird auch in Zukunft eine enorm bedeutende Quelle arch?ologischer und pal?ogenetischer Forschung sein. ?Da die H?hle seit ihrer letzten Nutzung in der Eisenzeit, also circa 760 – 400 vor Christus, verschüttet war und absolut unberührt vorgefunden wurde, herrschen dort exzellente Erhaltungsbedingungen für tierische und menschliche DNA“, sagt Seregély. ?Zudem haben wir in ihr bislang Knochenfunde aus drei Epochen, der Stein-, Bronze- und Eisenzeit entdeckt. Sie k?nnen uns weitreichend Aufschluss über ungef?hr 4000 Jahre Kulturgeschichte geben.“ Zun?chst werden aber nicht mehr nur Hunde, sondern Rinder- und Menschenknochen aus der H?hle im Mittelpunkt des Interesses der Pal?ogenetiker aus New York und Mainz sowie von Timo Seregély stehen. In naher Zukunft sind etliche DNA-Analysen geplant, unter anderem um neue Hinweise zur Herkunft und populationsgeschichtlichen Entwicklung von Menschen und Haustieren zu erhalten.
Die Studie zum Z?hmungsprozess des Hundes wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications ver?ffentlicht. Weitere Informationen zum Hundeknochen-Fund in der Kirschbaumh?hle gibt es in der Pr?historischen Zeitschrift.