Johann Ignaz Joseph D?llinger und Familie
Von Generation zu Generation
Drei Bamberger Wissenschaftler, zwei Fachdisziplinen, eine Familie: Die Familie D?llinger bringt mit Johann Ignaz Joseph D?llinger einen der ersten Medizinprofessoren der Academia Bambergensis hevor. Auch sein Sohn Ignaz Christoph D?llinger macht sich einen Namen als Experte für Anatomie an der medizinischen Fakult?t. Sein Enkel Johann Joseph D?llinger wendet sich einer anderen Disziplin zu, der Theologie.
Die Geschichte der medizinischen Fakult?t an der Academia Bambergensis und der Universitas Ottoniano-Fridericiana ist voller Lücken, zuverl?ssige Quellen sind rar. Fest steht, dass konkrete Schritte zur Errichtung einer medizinischen Fakult?t an der Academia Bambergensis wohl auf 1769 datiert werden k?nnen. Von da an taucht auch der Name Johann Ignaz Joseph D?llinger (1721-1800) immer wieder auf: 1769 hatte ihn Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zum Professor der Medizin an der Academia ernannt. Als frisch berufener Professor spricht sich Johann Ignaz Joseph D?llinger für den Ausbau der jungen Fakult?t aus und setzt sich für eine hochwertige Ausbildung der Nachwuchsmediziner ein. Weil ein akademisches Lehrkrankenhaus fehlt, nimmt er seine Studierenden zu seinen Krankenbesuchen in Spit?lern und anderen Versorgungsanstalten mit. In der Zeit als Johann Ignaz Joseph D?llinger Professor ist, geschieht viel: Die Academia erh?lt 1773 den Namen Universitas Ottoniano-Fridericiana. 1774 wird dann auch die Promotionsordnung der Medizin erlassen. Mit ihr kommt die Errichtung einer voll funktionsf?higen medizinischen Fakult?t endlich zum Abschluss.
1800 stirbt Johann Ignaz Joseph D?llinger. Ein Bildnis des Medizinprofessors ist nicht überliefert. Nur wenig sp?ter tritt sein Sohn, Ignaz Christoph D?llinger (1770-1841), in die Fu?stapfen seines Vaters. Er wird 1796 Professor für Physiologie und allgemeine Pathologie an der Ottoniano-Fridericiana, an der er bereits 1794 promoviert hatte. Das Jahr 1803 markiert dann allerdings bereits das Ende der medizinischen Fakult?t in Bamberg. Denn die Universitas Ottoniano-Fridericiana wird in diesem Jahr im Zuge der S?kularisation des Hochstifts vorerst aufgehoben. Die medizinische Fakult?t geht in eine medizinisch-chirurgische Schule über – ein Verdienst des Leibarztes und Gelehrten Adalbert Friedrich Marcus. Ignaz Christoph D?llinger verl?sst daraufhin Bamberg und geht nach Würzburg, wo er Professor für Physiologie und Anatomie wird.
Ignaz Christoph D?llingers Bedeutung für die Medizin zeigt sich vor allem in seiner engagierten Lehrt?tigkeit: Er gilt bei den Studierenden als Lehrer mit umfassender Allgemeinbildung und Experte im Unterrichten der anatomischen Technik. Unter seiner Betreuung und dank seinen Ratschl?gen bringen es eine Reihe seiner Schüler weit: So erforschte zum Beispiel der Naturphilosoph und Physiologe Lorenz Oken nach seinen Anweisungen die Bildung des Darmkanals im Embryo. Als einer der ersten Gelehrten erkennt D?llinger bereits in der ersten H?lfte des 19. Jahrhunderts die Bedeutung des Mikroskops für die medizinische Forschung und bildet seine Studierenden an dem Ger?t aus. Am 4. Januar 1841 stirbt der Mediziner und Professor für Anatomie sowie Physiologie.
Auch Ignaz Christoph D?llingers Sohn, Johann Joseph D?llinger (1799-1890), schl?gt eine wissenschaftliche Karriere ein, allerdings in einer ganz anderen Disziplin als sein Vater und Gro?vater zuvor – er wendet sich letztlich der katholischen Theologie zu. Geboren am 28. Februar 1799 in Bamberg, hat Johann Joseph D?llinger in seinen jungen Jahren kaum Berührungspunkte mit der Kirche. Sein Vater erzieht ihn ganz im Geist von Wissenschaft und Forschung. 1816 beginnt Johann Joseph D?llinger an der Universit?t Würzburg sein Studium des Rechts. Entgegen der Ratschl?ge seines Vaters wird aber die Religion für ihn zur Lebensaufgabe. Nur vier Jahre sp?ter beginnt er sein Studium der Theologie am Lyzeum in Bamberg, in dem die beiden Fakult?ten Theologie und Philosophie der aufgehobenen Universitas Ottoniano-Fridericiana weiterbestanden. Danach empf?ngt der junge D?llinger die Priesterweihe. Doch er bleibt nicht lange Kaplan: Schon 1823 wird er ans Lyzeum in Aschaffenburg gerufen, um dort Kirchengeschichte, Kirchenrecht und Dogmatik zu lehren. Dort beginnt er seinen ?kumenischen Dialog mit der protestantischen Theologie, der ihn sein Leben lang besch?ftigt. 1826 beruft ihn die Universit?t München schlie?lich zum au?erordentlichen Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht.
Neben seinem Sinn für wissenschaftliches Arbeiten, den er wohl seinem Vater zu verdanken hat, ist D?llingers akademisches Schaffen ab 1850 vor allem von innerkirchlichen Auseinandersetzungen gepr?gt. Diese gipfeln in einem Streit um Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils unter Papst Pius IX. Von Anfang an begleitet D?llinger das Konzil skeptisch. Und auch nach Abschluss interpretiert er die Konziltexte zur Unfehlbarkeit des Papstes im Sinne eines überh?hten Papalismus. Seine kritische Deutung hat für den Theologen weitreichende Folgen: Weil er sich weigert, die vatikanischen Beschlüsse, insbesondere den Unfehlbarkeitsbeschluss, anzuerkennen, wird der Wissenschaftler 1871 exkommuniziert. Bis zu seinem Tod 1890 bleibt D?llinger seiner Meinung treu und weigert sich, die vatikanischen Dekrete zu unterzeichnen. Bis heute gilt er als Vordenker des ?kumenischen Gedankens und kritischer Wegbereiter der modernen und wissenschaftlichen Theologie.
Zur besseren ?bersicht:
1799-1890: Johann Joseph D?llinger, Theologe
1770-1841: Ignaz Christoph D?llinger, Mediziner
1721-1800: Johann Ignaz Joseph D?llinger, Mediziner
Text: Vera Katzenberger/Dezernat Kommunikation
Johann Ignaz Joseph D?llinger im Bamberger Professorinnen- und Professorenkatalog
Ignaz Christoph D?llinger im Bamberger Professorinnen- und Professorenkatalog
Johann Joseph D?llinger im Bamberger Professorinnen- und Professorenkatalog
Quellen:
Franz Xaver Bischof: Theologie und Geschichte: Ignaz von D?llinger (1799-1890) in der zweiten H?lfte seines Lebens. München: Kohlhammer GmbH 1997.
Johann Finsterh?lzl: Ignaz von D?llinger – Wegbereiter heutiger Theologie. Graz: Styria-Verlag 1969.
Robert Herrlinger: D?llinger, Ignaz. In: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 20ff. Online verfügbar unter: http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016320/images/index.html?seite=34
Carlos Lehmann: ?ber die Medizin an der Academia Ottoniana und Universitas Ottoniano-Fridericiana Bambergensis 1735-1803. Erlangen: Josef Hogl Druck 1967.
Anette Orth: München leuchtet für die Wissenschaft - Berühmte Forscher und Gelehrte. Ignaz von D?llinger [Onlinefassung]
Bernhard Sp?rlein: Die Medizinische Fakult?t der ?lteren Universit?t Bamberg. In: Haus der Weisheit. Von der Academia Ottoniana zur Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg. Katalog der Ausstellungen aus Anla? der 350-Jahrfeier. Hrsg. von Franz Machilek. Bamberg: Universit?tsverlag 1998, S. 153-173.