OTTO-MEYER-UND-ELISABETH-ROTH-PROMOTIONSPREIS 2019
Dr. Meike Bianchi-K?nigstein
Dissertation: Kleidungswirklichkeiten: Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken
Was ist Mode? Was ist Tracht? Diesen und weiteren Fragen, die bis heute in der Europ?ischen Ethnologie und anderen kulturwissenschaftlichen Disziplinen zur Diskussion stehen, geht Meike Bianchi-K?nigstein in ihrer Dissertation nach. Am Beispiel Oberfrankens rekonstruiert sie, wie sich die Menschen zwischen 1780 und 1910 kleideten. Darüber hinaus geht sie der Frage nach, warum bestimmte Kleidungsweisen überhaupt als ?Tracht‘ wahrgenommen wurden. Grundlage ihrer Forschung bilden neben zahlreichen Bild- und Schriftquellen des 18. und 19. Jahrhunderts vor allem historische Kleidungsstücke aus siebzehn oberfr?nkischen Sammlungen. Dafür reiste Meike Bianchi-K?nigstein ein Jahr lang durch Oberfranken und untersuchte in dieser Zeit mehr als 5000 textile Objekte aus dem 19. Jahrhundert. 907 Kleidungsstücke sowie Accessoires unterzog sie einer detaillierten Analyse. Die erhobenen Daten sind auf der Webseite des Bauernmuseums Frensdorf ?ffentlich zug?nglich.
Mit zahlreichen Illustrationen und zeitgen?ssischen Berichten er?ffnet die Dissertation einen neuen Blick auf das Kleidungsverhalten vergangener Zeiten und auf die Entstehung des Ph?nomens Tracht. Meike Bianchi-K?nigstein betrachtet in ihrer Arbeit insbesondere die sogenannten Trachten aus dem Mistelgau, der Fr?nkischen Schweiz und Bamberg und belegt, dass die von ihr untersuchten Kleidungsweisen erst als Tracht Wahrnehmung fanden, wenn sie im Alltag der meisten Menschen kaum noch vorhanden waren. Die Dissertation führt damit vor Augen, dass Tracht einen Teil von Mode darstellt – nicht, weil Tracht vereinzelte Elemente zeitgen?ssischer Kleidungsstile adaptiert oder weil sich Tracht gegenw?rtig gro?er Beliebtheit an Volksfesten erfreut, sondern weil sie Anteil hat an dem kulturellen Prozess der Art und Weise sich zu kleiden. Die Arbeit erschien 2019 im Friedrich Pustet Verlag unter dem Titel ?Kleidungswirklichkeiten. Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken“. Sie entstand im Rahmen des Forschungsprojektes ?Regionaltypisches Kleidungsverhalten. Entwicklungen und Tendenzen am Beispiel Oberfranken“ der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg und des Bauernmuseums Bamberger Land. Die VolkswagenStiftung und die Oberfranken Stiftung unterstützten das Projekt finanziell.
Dr. Meike Bianchi-K?nigstein studierte an der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg Europ?ische Ethnologie, Kommunikationswissenschaft und Kunstgeschichte. Als Spezialistin für historische Kleidung forschte sie in verschiedenen Museen und Sammlungen mit dem Schwerpunkt ?Textil‘. Unter anderem bet?tigte sie sich im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg. Zudem engagiert sie sich als Vorstandsmitglied und Web Content Editor des Costume Committee des International Council of Museums (ICOM). Sie wurde von 2013 bis 2019 an der Otto-Friedrich-Universit?t im Fach Europ?ische Ethnologie promoviert.