Schadensrisiko für Kulturgut aufgrund zu geringer relativer Luftfeuchte in Innenr?umen von national wertvollen Kulturgütern.

Analyse und Empfehlungen zum Umgang hinsichtlich der Auswirkungen der globalen, anthropogenen Klimaerw?rmung.

Inhalt und Ziele

Durch die globale Klimaerw?rmung sind in Deutschland seit mehreren Jahren vermehrt Hitzeperioden mit Temperaturen über 39 °C und deutlich l?ngere Trockenperioden im Sommer zu verzeichnen. Diese Wetterextreme werden auch in Zukunft zunehmen und wirken sich teilweise schadhaft auf das Denkmal und dessen Umfeld aus. W?hrend in historischen Geb?uden bisher zu hohe Luftfeuchten das Problem darstellten, werden jetzt in Innenr?umen immer ?fter kritische Werte unter 40 % r.F. gemessen. Diese geringen Luftfeuchten führen zu einem hohen Schadensrisiko für zahlreiche Kunstgattungen. Speziell polychrome Oberfl?chen, wie Leinwandgem?lde, Papier- und Ledertapeten, gefasste Holzoberfl?chen sowie Wandmalerei, kann es zu einer irreversiblen Sch?digung, wie Rissbildung, Lockerung und Substanzverlust der Farbfassung, etc. kommen.

Ziel des Projektes ?Kleiner 40“ ist es zum einen, die klimatisch bedingten Ver?nderungen bzw. die daraus resultierenden Sch?den an Denkm?lern anhand von einer nationalen Umfrage an einer m?glichst umfassenden Anzahl von Denkmaleigentümern und -verwaltern zu erfassen und auszuwerten. Zum anderen werden anhand von drei Fallbeispielen in Sachsen und Sachsen-Anhalt das Raumklima in verschiedenen Kulturdenkm?lern n?her betrachtet und dessen Auswirkung auf die historische Ausstattung untersucht:

  • Schloss Moritzburg: Die barocken Wandtapeten stellen den gr??ten Bestand barocker Ledertapeten dar. 11 der ursprünglich 60 R?ume im Schloss sind noch mit der originalen Wandausstattung erhalten. Die Bemalungen, welche im Zentrum Diana, die G?ttin der Jagd, abbilden wurden in den letzten Jahren aufwendig saniert und zeigen seither Sch?den in Form von Schrumpfungsrissen, welche auf die extremen Hitzeperioden zurückzuführen sind. (Quelle, 27.04.2020, 12:41)
  • Schloss Augustusburg: in der Schlosskirche bilden der Cranach-Altar und die Cranach-Kanzel von 1572 eine der zentralen Ausstellungstücke des Schlossmuseums. Von Lucas Cranach dem Jüngeren gemalt zeigt das Sakralbild das einzig erhaltene Bildnis von Kurfürst August und seiner Familie in der zeitgem??en Ausstattung der Renaissance. Nach siebenj?hriger Restaurierung wurde der Altar unter anderem mit einer Klimabox ausgestattet, um die kleinste Ver?nderung unmittelbar am Sakralbild zu erfassen. (Quelle, 27.04.2020, 15:30)
  • Albrechtsburg: Durch Reparationszahlungen Frankreichs war es gegen Ende des 19. Jahrhundert m?glich die Innenausstattung der Albrechtsburg in Mei?en komplett zu erneuern. Im ersten und zweiten Stock der Albrechtsburg wurden ab 1873 von elf Künstlern die R?ume mit Historienbildern, historischen Deckenmalereien und Portr?ts bemalt. Aufgrund der geringen Luftfeuchte in dem als Museum genutzten Geb?ude zeigen sich auch in diesen Wandmalereien Schadensbilder wie Lockerung und Substanzverluste an polychromen Farbfassungen (Quelle, 29.04.2020, 13:30).

Anhand der Daten aus den Fallbeispielen und den von Denkmaleigentümern und -verwaltern bereitgestellten Informationen wird sich erstmals das Ph?nomen von zu geringer Luftfeuchtigkeit Deutschlandweit vergleichen lassen und im Idealfall k?nnen anschlie?end geeignete Strategien zur pr?ventiven Schadensbek?mpfung formuliert werden.

Methode

Zur Erfassung von m?glichst genauen und umfangreichen Informationen rund um das Denkmal wird ein Fragebogen erstellt, der an Institutionen und Privatpersonen, die als Verwalter von historischen Liegenschaften in Frage kommen, geschickt wird. Dieser ist in Geb?udetypen untergliedert und konzentriert sich vor allem auf Fragen zu extremen Klimaereignissen und daraus folgenden Sch?den am und im betroffenen Denkmal. Die mit dem Fragebogen gewonnenen Daten erweitern das Wissen und den Informationsgehalt der wenigen genau untersuchten Fallbeispiele auf eine deutschlandweite Informationsdatenbank zur Auswirkung der Klimaerw?rmung auf Denkmale.

Mit sogenannten ?stand alone“ Datenloggern, die das Klima am Objekt lokal aufzeichnen und speichern werden die Bedingungen vor Ort lokal sowie an den Oberfl?chen der Exponate erfasst und ausgewertet. Mit diesen Daten kann das Raum- und Mikroklima in Hinblick auf seine Dynamik, ?nderungsgeschwindigkeit und Schwankungsbreiten ausgewertet und auf Schadensrisiken hin ausgewertet werden. Weiter wird die klimatische Umgebung an den drei Standorten miteinander verglichen. Dies folgt vor allem in der Zusammenarbeit mit dem Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. (IDK), da die Auslesung der Daten eine h?ufige Pr?senz vor Ort von qualifizierten Personen erfordert.

Das analysierte  Bestandsklima kann in der Kombination mit konservatorischen Zustandsuntersuchungen und optischen Untersuchungsverfahren (Streifenlichtprojektion, hochaufl?sende Zeitrafferaufnahmen) kritische Schwankungszyklen identifizieren und in ein vereinfachtes Klimaprofil übersetzt werden, welches im Klimaprüfschrank umgesetzt wird. Die Klimaschrankversuche werden an Dummyobjekten durchgeführt, die auf Materialvorlagen der Fallbeispiele beruhen.

Projekteam

Projektleitung: Dr. Kristina HollProf. Dr. Paul Bellendorf
Projektmitarbeiterin: Anne Karl, M.A.
Projektpartner: Dipl.-Ing. Uwe Kalisch und Dipl.-Ing. (FH) Thomas L?ther vom Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. (IDK)

F?rdermittelgeber

Das Vorhaben wird von der Deutsche Bundestiftung Umwelt (DBU) gef?rdert, es wird unter dem Aktenzeichen 35598 geführt.

Bilder

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