- Samira Rosenbaum

Kaisergew?nder unter dem Mikroskop

Bamberger Forscherteam untersucht Gew?nder von Heinrich II. und Kunigunde

Die Kaisergew?nder Heinrichs II., der das Bistum Bamberg gründete, und seiner Frau Kunigunde sind die ?ltesten erhaltenen Gew?nder europ?ischer Herrscher. Insgesamt sechs Textilien, darunter der berühmte Sternenmantel oder der blaue Kunigundenmantel, sind mit feinen Goldf?den bestickt. Diese Kostbarkeiten stammen gr??tenteils aus dem 11. Jahrhundert. Doch im ausgehenden Mittelalter erfuhren die Gew?nder eine umfassende Neugestaltung: Die Goldstickereien wurden aus ihrem ursprünglichen Tr?gerstoff ausgeschnitten und auf neue Seidengewebe gen?ht.

Bislang nahm die Forschung an, dass dabei auch die ursprüngliche Anordnung der Stickereien übernommen wurde. Genau das stellt die Kunsthistorikerin Dr. Tanja Kohwagner-Nikolai zum Beispiel hinsichtlich des Sternenmantels in Frage: ?Es gibt viele Hinweise darauf, dass die Stickereien gezielt neu zusammengestellt wurden. Wir nehmen an, dass bewusste und tiefgreifende Ver?nderungen in Auftrag gegeben wurden, um die Entstehung eines Kaiser- und Heiligenkultes zu bef?rdern.“

Bamberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Federführung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, insbesondere für Mittelalterliche Kunstgeschichte, der Universit?t Bamberg untersuchen die M?ntel derzeit in dem Projekt ?Kaisergew?nder im Wandel – Goldgestickte Vergangenheitsinszenierung“. Sie wollen herausfinden, wie und wo die Gew?nder hergestellt, zu welcher Zeit die Textilien auf welche Weise ver?ndert wurden, wer diese ?nderungen in Auftrag gab und wer sie ausführte. Diese Fragestellungen betreffen unterschiedliche Zeitebenen vom 11. über das 15. Jahrhundert bis zur letzten Restaurierung Mitte des 20. Jahrhunderts. Die gewonnenen Erkenntnisse, so hoffen die Forschenden, k?nnen Auskunft über die Ursachen und Absichten geben, die hinter diesen bewussten Eingriffen stehen. Prof. Dr. Stephan Albrecht, Inhaber des Lehrstuhls und Projektleiter, sagt: ?Wir erwarten neue Erkenntnisse darüber, wie sich das Aussehen der Gew?nder von der Herstellung bis heute entwickelt hat.“ Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den kommenden vier Jahren mit 350.000 Euro gef?rdert, Kooperationspartner sind das Bamberger Di?zesanmuseum und die Bayerische Akademie der Wissenschaften.

Um der Komplexit?t der Gew?nder hinsichtlich ihres Materials und ihrer Geschichte auf die Spur zu kommen, verfolgen die Forschenden einen interdisziplin?ren Ansatz, der naturwissenschaftliche und technologische mit historischen und kunsthistorischen Methoden kombiniert. Die Basis dafür sind unter anderem Mikro-Proben, die derzeit von Fasern und Goldf?den genommen und analysiert werden. Begleitet werden diese Untersuchungen durch Aufnahmen mit dem Videomikroskop. Die Untersuchungen sollen unter anderem Hinweise auf verschiedene Herstellungsarten der verwendeten Goldf?den liefern. Die technologischen Untersuchungen werden von der Textilrestauratorin Sibylle Ru?, die naturwissenschaftlichen Analysen von Ursula Drewello vom Forschungslabor Drewello und Wei?mann durchgeführt. ?Mit unseren Methoden k?nnen wir erstmals für diese Textilgruppe exakte Material- und Technikunterschiede aufzeigen und zeitliche Unterschiede in der Herstellung belegen“, erkl?rt Kohwagner-Nikolai.

Die Ergebnisse wird das Projektteam mit anderen Textilien der damaligen Zeit sowie historischen Quellen vergleichen. Zu letzteren geh?rt unter anderem auch das Archivmaterial des Erzbistums Bamberg, in dessen sogenannten Domkustorei-Rechnungen zum Beispiel die Ausgaben für Stoffe oder die L?hne der ausführenden Handwerker und Künstler der vergangenen Jahrhunderte zum gr??ten Teil akribisch dokumentiert sind. All das soll Aufschluss darüber geben, welche Stickereielemente zu den ursprünglichen M?nteln des Kaiserpaares geh?rten, wie sie m?glicherweise angeordnet waren, wann die Kunstwerke umgearbeitet wurden, welche Werkst?tten damit beauftragt waren und welche Auswirkungen das auf die Entstehung des Kaiser- und Heiligenkultes und unsere Sichtweise auf die erste Jahrtausendwende hatte.

Domkapitular Dr. Norbert Jung, Leiter der Hauptabteilung Kunst und Kultur im erzbisch?flichen Ordinariat, und Dr. Holger Kempkens als Leiter des Di?zesanmuseums unterstützen die Forschungsarbeiten. ?Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen nach Abschluss des Projekts der ?ffentlichkeit im Di?zesanmuseum in einer Sonderausstellung pr?sentiert werden“, kündigt Kempkens an. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sowie einer erg?nzenden Tagung werden darüber hinaus in einer Abschlusspublikation ver?ffentlicht.