Ein mongolischer Pferdehirte in der Region Khomiin Tal.Ludovic Orlando

Ein mongolischer Pferdehirte in der Region Khomiin Tal.

Am Hohlen Stein bei Schwabthal hat ein arch?ologisches Team der Universit?t Bamberg ca. 4.600 Jahre alten Pferdeknochen mit sehr guter Erhaltung alter DNA gefunden.Timo Seregély/Universit?t Bamberg

Am Hohlen Stein bei Schwabthal hat ein arch?ologisches Team der Universit?t Bamberg ca. 4.600 Jahre alten Pferdeknochen mit sehr guter Erhaltung alter DNA gefunden.

Forschungsgrabung am Hohlen Stein bei Schwabthal 2008.Timo Seregély/Universit?t Bamberg

Forschungsgrabung am Hohlen Stein bei Schwabthal 2008.

Die Herkunft der heutigen Hauspferde ist endlich gekl?rt

162 internationale Forschende haben Pferdeknochen aus ganz Eurasien zusammengetragen und analysiert – darunter Funde der Universit?t Bamberg.

Pferde wurden zuerst in der pontisch-kaspischen Steppe im Nordkaukasus domestiziert, bevor sie innerhalb weniger Jahrhunderte den Rest Eurasiens eroberten. Domestizierung bedeutet, dass Menschen Wildpferde z?hmten. Das sind die Ergebnisse einer Studie unter der Leitung des Pal?ogenetikers Prof. Ludovic Orlando vom franz?sischen ?Centre national de la recherche scientifique“ (CNRS) aus Toulouse. Er leitete ein internationales Team, dem unter anderem Forschende der Universit?ten in Toulouse, ?vry und Bamberg angeh?rten. Die Studie l?st ein jahrzehntealtes R?tsel und ist am 20. Oktober 2021 im renommierten Wissenschaftsmagazin ?Nature“ ver?ffentlicht worden.

Von wem und wo wurden die modernen Pferde zuerst domestiziert? Wann haben sie den Rest der Welt erobert? Und wie verdr?ngten sie die unz?hligen anderen Pferdearten, die es damals gab? Dank eines Teams von 162 Forschenden, die sich auf Arch?ologie, Pal?ogenetik und Linguistik spezialisiert haben, k?nnen diese Fragen endlich beantwortet werden.

Forschende analysieren DNA von 273 Pferden

Vor einigen Jahren untersuchte das Team um Ludovic Orlando die Fundst?tte der Botai-Kultur in Zentralasien, die den ?ltesten arch?ologischen Nachweis für domestizierte Pferde lieferte. Die DNA-Ergebnisse waren aber nicht zufriedenstellend: Diese aus der Zeit vor 5500 Jahren stammenden Pferde waren nicht die Vorfahren der heutigen Hauspferde. Neben den Steppen in Zentralasien erwiesen sich auch alle anderen vermuteten Ursprungsorte wie Anatolien, Sibirien und die Iberische Halbinsel als falsch. ?Wir ahnten, dass auch der Zeitraum zwischen 4000 und 6000 Jahren nicht stimmen konnte, aber wir konnten keine Beweise dafür finden“, sagt Orlando. Das Forschungsteam beschloss daher, seine Studie auf ganz Eurasien auszudehnen und analysierte die Genome von 273 Pferden, die von 50.000 bis 200 vor Christus lebten. Diese Informationen wurden an der Université Toulouse III - Paul Sabatier und der Université d’?vry sequenziert und mit den Genomen heutiger Pferde verglichen.

Einzige deutsche Proben stammen aus Oberfranken

Die einzigen Proben von Pferdeknochen aus Deutschland, die analysiert wurden, stammen vom Hohlen Stein bei Schwabthal in Oberfranken. Diese hat ein arch?ologisches Team der Universit?t Bamberg w?hrend eines Forschungsprojekts im Jahr 2008 ausgegraben und datiert. Grabungsleiter Dr. Timo Seregély von der Professur für Ur- und Frühgeschichtliche Arch?ologie erl?utert: ?Wir haben dort Pferdeknochen von mehreren Tieren aus der Zeit um 2600 vor Christus gefunden, die im Zusammenhang mit einer Siedlung der schnurkeramischen Kultur aus der sp?ten Jungsteinzeit stehen. Sie waren durch die direkte Lage am auff?lligen Dolomitfelsmassiv des Hohlen Steins fantastisch erhalten und wiesen einen reichen Gehalt an alter DNA auf.“

Im Gegensatz zu Seregélys bisheriger Annahme ist nun nicht einmal mehr sicher, ob es sich bei den oberfr?nkischen Funden überhaupt um die Reste von domestizierten Pferden handelt. Es k?nnte sich ebenfalls um gejagte, damals noch in der Region lebende Wildpferde gehandelt haben. Die von Pablo Librado und Ludovic Orlando geleitete Studie kann diese Frage nicht sicher beantworten – dafür aber eine andere, unglaublich wichtige, wie Seregély bekr?ftigt: ?Bisher ging man davon aus, dass Pferde bereits im frühen dritten vorchristlichen Jahrtausend bei der Expansion von Menschen aus den eurasischen Steppenregionen in zahlreiche Regionen Europas eine entscheidende Rolle bei der Mobilit?t spielten. Das ist nun klar widerlegt. Ob wir für diese gro?e, sich über mehrere Jahrhunderte und einige Zwischenetappen erstreckende Migrationswelle nun eher Rindergespanne als Mobilit?tsfaktor ins Auge fassen k?nnen, müssen sp?tere Studien zeigen.“

Explosionsartige Vermehrung der Pferde

Die Vorfahren der heutigen Hauspferde stammen hingegen aus einer sp?teren Zeit: In Eurasien, das einst von genetisch unterschiedlichen Pferdepopulationen bev?lkert war, kam es zwischen 2200 und 2000 vor Christus zu einer dramatischen Ver?nderung. ?Die Pferde, die in Anatolien, Europa, Zentralasien und Sibirien lebten, waren genetisch sehr unterschiedlich“, sagt Dr. Pablo Librado, Erstautor der Studie. Dann verbreitete sich ein einziges genetisches Profil, das es zuvor nur in der pontischen Steppe im Nordkaukasus gab. Es verdr?ngte innerhalb weniger Jahrhunderte alle Wildpferdepopulationen vom Atlantik bis zur Mongolei. ?Die genetischen Daten deuten auch auf eine explosionsartige Vermehrung der Pferde hin, die in den letzten 100.000 Jahren ihresgleichen sucht“, fügt Orlando hinzu. ?Damals übernahmen Menschen die Kontrolle über die Fortpflanzung dieser Tierart und produzierten Pferde in betr?chtlicher Anzahl.“ Die Ausbreitung dieser Pferde ereignete sich zumindest in Asien gleichzeitig wie jene von Streitw?gen mit Speichenr?dern und indoiranischen Sprachen.

Doch wie l?sst sich diese überw?ltigende Beliebtheit erkl?ren? Die Forschenden fanden zwei auff?llige Unterschiede zwischen dem Genom dieses Pferdes und dem Genom der Populationen, die es ersetzte: zum einen fügsameres Verhalten, zum anderen ein st?rkeres Rückgrat. Das Forschungsteam vermutet, dass diese Merkmale den Erfolg der Tiere zu einer Zeit sicherten, als das Reisen mit Pferden weltweit zunahm.

Die Nature-Publikation finden Sie online unter: www.nature.com/articles/s41586-021-04018-9

Weitere Informationen und Bilder unter: www.cnrs.fr/en/origin-domestic-horses-finally-established

Bild ?Pferdehirte“(2.4 MB): Ein mongolischer Pferdehirte in der Region Khomiin Tal.
Quelle: Ludovic Orlando

Bild ?Hohler-Stein“(2.1 MB): Am Hohlen Stein bei Schwabthal hat ein arch?ologisches Team der Universit?t Bamberg ca. 4.600 Jahre alten Pferdeknochen mit sehr guter Erhaltung alter DNA gefunden.
Quelle: Timo Seregély/Universit?t Bamberg

Bild ?Grabung“(2.1 MB): Forschungsgrabung am Hohlen Stein bei Schwabthal 2008.
Quelle: Timo Seregély/Universit?t Bamberg

Weitere Informationen für Medienvertreterinnen und Medienvertreter:

球探足球比分 für inhaltliche Rückfragen:
Dr. Timo Seregély
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Ur- und Frühgeschichtliche Arch?ologie
Tel.: 0951/863-2414
timo.seregely(at)uni-bamberg.de

Medienkontakt:
Patricia Achter
Projektstelle Forschungskommunikation
Tel.: 0951/863-1146
forschungskommunikation(at)uni-bamberg.de