ForMaD 11.06.2024 - Sch?tzen von L?ngen im Mathematikunterricht der Grundschule
Wenn wir im Stra?enverkehr auf Geschwindigkeitsbegrenzungen, die für eine bestimmte Streckenl?nge gelten, achten, die Passung der Gr??e einer Parklücke beurteilen oder w?hrend der Pandemie einen Abstand zu Mitmenschen einhalten, ist in all diesen Alltagssituationen unsere Kompetenz im Sch?tzen gefragt. Auch in mathematischen Problemstellungen sind vielfach Absch?tzungen relevant. Sch?tzf?higkeiten zu f?rdern ist, so Prof. Dr. Jessica Hoth von der Goethe-Universit?t Frankfurt, auch in den Bildungsstandards für den Mathematikunterricht als ein wichtiges Ziel ausgezeichnet.
In der Forschung noch nicht abschlie?end gekl?rt ist, wie Sch?tzkompetenz geeignet modelliert werden kann. Bisherige Studien nutzen hier eher eindimensionale Modelle. Hoths Forschungen hingegen erarbeiten ein valides Strukturmodell, das auch international bzw. interkulturell tragf?hig ist. In einer gro? angelegten Vergleichsstudie (N=919) wird hier Taiwan als maximal unterschiedliches Bildungssystem gew?hlt. Zudem sind die Kompetenzleistungen der Schülerinnen und Schüler in Taiwan in internationalen Vergleichsstudien seit Langem herausragend.
Die Unterschiede der Systeme lassen sich bereits an Schulbüchern festmachen: W?hrend in Deutschland das Sch?tzen eher als ein Zwischenschritt oder als Motivation zum Messen auftritt, wird Sch?tzen als eigenst?ndiger Lerngegenstand in Taiwan verstanden. Taiwan setzt insbesondere auf das Sch?tzen mit K?rperteilen (Armspanne o.?.), w?hrend in Deutschland - zumindest in den Schulbüchern - Sch?tzen als rein mentaler Prozess ohne Hilfsmittel verstanden wird.
In der Operationalisierung von Sch?tzsituationen legt Hoth ein ausdifferenziertes Konstrukt von Art und Bedingungen des Sch?tzens (Objektmerkmale, Skalen und Vergleichseinheiten) als Grundlage des Testdesigns vor. Im Ergebnis erweisen sich drei Dimensionen im Strukturmodell als wesentlich. Zudem werden Zusammenh?nge mit anderen Kompetenzen wie Messen, Raumvorstellung und Arithmetik geprüft. Hierbei erweist sich insbesondere die Raumvorstellung als relevant bei zwei Dimensionen. Hoth kann darüber hinaus die Sch?tzkompetenz als eigene Kompetenz nachweisen.
Im Weiteren fokussiert Hoth die beim Sch?tzen genutzten Strategien und geht der Frage nach, ob hier bestimmte Strategien als effektiver nachzuweisen sind. Als Hauptstrategien sind unit iteration, benchmark comparison sowie decomposition/recomposition festzuhalten. In einer weiteren Studie (N=1060) wird in Interviews und eye-tracking Verfahren der Effizienz (bzgl. Sch?tzgenauigkeit) und der H?ufigkeit des Auftretens der Strategien nachgegangen. In der ersten Tendenz kann Hoth darauf verweisen, dass benchmark comparison, d.h. die Nutzung geeigneter Stützpunktvorstellungen, in der Genauigkeit anderen Strategien überlegen zu sein scheint.
Leseanregungen
Hoth, J. & Heinze, A. (2022). Erkennen von Sch?tzstrategien bei Grundschüler*innen durch Eyetracking – eine Machbarkeitsstudie. In IDMI-Primar Goethe-Universit?t Frankfurt (Hrsg.), Beitr?ge zum Mathematikunterricht (vol. 2, S. 869–872). WTM
https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/41807/1/BzMU22_869.pdf
Hoth, J., Heinze, A., Huang, H., Weiher, D., Niedermeyer, I. & Ruwisch, S. (2023). Elementary School Students' Length Estimation Skills—Analyzing a Multidimensional Construct in a Cross-Country Study. International Journal of Science and Mathematics Education, 21, 1841–1864. https://doi.org/10.1007/s10763-022-10323-0
vgl. auch Folge 4 der am IPN produzierten Podcast-Reihe unter dem Titel ?Forschung für Bildung“
www.leibniz-ipn.de/de/fuer-die-gesellschaft/podcasts-1/forschung-fuer-bildung