Freier Wille versus Determination
?ber 400 Schüler beim Studientag der Katholischen Theologie
Von Anna Schenker
?Wie frei bist Du wirklich?“ – Das Institut Katholische Theologie der Otto-Friedrich-Universit?t und die Hauptabteilung Schule und Religionsunterricht des Erzbistums Bamberg luden Schüler und Schülerinnen der gymnasialen Oberstufe am 28. Oktober dazu ein, dieser Frage im Rahmen eines Studientag gemeinsam auf den Grund zu gehen. Thesen und Ergebnisse der modernen deterministischen Hirnforschung wurden dabei mit theologischen Ans?tzen verglichen, widerlegt oder einfach nur diskutiert.
?Wir wollen den Schülerinnen und Schülern mit diesem Studientag zeigen, dass die Theologie neue und interessante Perspektiven auf aktuelle gesellschaftliche Themen und Diskussionen er?ffnet“, beschreibt Prof. Dr. Mirjam Schambeck sf vom Lehrstuhl für Religionsp?dagogik und Didaktik des Religionsunterrichts die Motivation des Studientages. 440 Oberstufenschülerinnen und -schüler aus ganz Nordbayern konnte das Institut Katholische Theologie begrü?en, weiteren 230 Interessenten musste aufgrund der begrenzten r?umlichen Kapazit?ten der AULA der Universit?t im Vorfeld abgesagt werden. Dieses enorme Interesse ist nicht verwunderlich, bietet der Studientag den Teilnehmern doch die M?glichkeit, schon mal in den Universit?tsalltag reinzuschnuppern und gleichzeitig lehrplanrelevante Themen auf akademische Weise vermittelt zu bekommen. Schon zum siebten Mal bew?hrte sich dieses Konzept der Vernetzung von universit?rer Theologie und Schule.
Woher kommt eigentlich das Glück?
Nach der Begrü?ung durch Prof. Dr. Lorenz Korn, Prodekan der Fakult?t 球探足球比分 Kulturwissenschaften, und durch Ordinariatsrat Hans-Dieter Franke vom Schulreferat der Erzdi?zese Bamberg führte Mirjam Schambeck die Teilnehmer in das Thema ?Wie frei bist Du wirklich? Hirnforschung – eine Provokation für die Theologie?“ ein. H?tten Hirnforscher recht, so Schambeck, w?re das menschliche Handeln das Ergebnis neuronaler Prozesse und auch das Glück k?nne als reines Hirngespinst und chemische Reaktion abgetan werden. Eine solche Behauptung widerspreche allerdings nicht nur dem menschlichen Gefühl der Willensfreiheit – sie sei besonders aus theologischer Sicht problematisch, da hier der Mensch als ein von Gott mit Willensfreiheit beschenktes und somit verantwortungsvolles Wesen angesehen werde.
Freiheit, Determination und Glaube
In diesem Kontext stellten zwei Dozenten der Universit?t Bamberg weitere ?berlegungen an. Der Moraltheologe Prof. Dr. Thomas Wei?er vertiefte in seinem Vortrag ?Wollen wir, was wir tun?“ zun?chst historische, wissenschaftliche und theologische Perspektiven auf die Freiheit beziehungsweise die Determination des Individuums. Er verwies auf den biblischen Zugang: Der Mensch werde von Gott als freier Partner angesehen; insofern sei er aufgefordert, seine Freiheit zu leben und auszugestalten – ganz im Gegensatz zu Perspektiven der modernen Hirnforschung, die auf Basis ihrer Experimente glaubhaft machen wollen, dass der Mensch das tue, was das Gehirn ?will“. Aus theologisch-ethischer Perspektive gab Prof. Wei?er unter anderem zu bedenken, dass die Hirnforschung zwar viele wichtige Erkenntnisse erbringe, Kategorien wie ?verantwortlich sein“, ?schuldig werden“ jedoch Sachverhalte bezeichnen, die sich nicht im Labor untersuchen lassen. Hier bieten theologische Reflexionen Deutungspotentiale, die sich aus rein naturwissenschaftlicher Perspektive nicht er?ffnen. Wei?er schloss damit, dass der Mensch f?hig sei, seine Freiheit innerhalb gewisser Determinationen zu erkennen und zu leben. Die christliche Religion bietet in dieser Hinsicht einen Rahmen für freies, aber gleichzeitig sittliches Handeln.
Mit der Bibel ist es wie mit dem Gehirn…
Prof. Dr. Joachim Kügler, Inhaber des Lehrstuhls für Neutestamentliche Wissenschaften, trat mit seinem Statement für einen gelassenen Umgang mit den Thesen der Gehirnforschung ein, was er durch einen anschaulichen Vergleich begründete. Er übertrug das Verh?ltnis zwischen Gottes Wort und Bibel auf Gehirn und Gedanken. Denn die von Menschenhand verfassten Bibeltexte, so Kügler, seien nicht als wahrhaftige Worte Gottes anzusehen, sondern vielmehr als Basis, die Gottes Wort für den Menschen verst?ndlich machen. Genauso sei das Gehirn zwar die Voraussetzung für die menschliche F?higkeit zu denken, denken müsse der Mensch aber letztlich selbst.
Im Anschluss reflektierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studientages in einer Seminarphase das Geh?rte: In Arbeitskreisen, die von Bamberger Theologie-Studierenden geleitet wurden, diskutierten sie zum Zwiespalt, der sich zwischen christlicher Theologie und moderner Hirnforschung (scheinbar) auftut, wenn die Frage nach der Freiheit des Menschen virulent wird. Zugleich wurden Fragen, Thesen und Statements formuliert, welche die Schülerinnen und Schüler bei einer abschlie?enden Expertenrunde einbringen konnten. Stellvertretend diskutierten zwei Schülerinnen und ein Schüler mit Prof. Kügler und Prof. Wei?er auf dem Podium, das von Mirjam Schambeck moderiert wurde. Nach vielen anregenden, sicherlich zum Teil nicht ganz einfachen Gedankeng?ngen wurde immer plausibler: Die theologische Sichtweise auf die menschliche Freiheit er?ffnet bedeutsame Perspektiven, welche die Hirnforschung aufgrund ihres Forschungszugangs so nicht bieten kann.
Anschlie?end diskutierten Schüler und Prof. Dr. Wei?er, Prof. Dr. Schambeck sf und Prof. Dr. Kügler wiederum die Ergebnisse der Seminarphase in einer Podiumsdiskussion gemeinsam. (Bilder: Lehrstuhl Katholische Theologie)
Mit freundlicher Genehmigung konnte dieser Bericht übernommen werden von: Uni-Bamberg News vom 03.11.10