Ort: U2/025
ICS

Robert Schindel liest aus seinem neuen Gedichtband

Robert Schindel liest aus seinem neuen Gedichtband Die Scharlachnatter am 18.11.2015 um 20 Uhr in U2/025.

Die Lesung wird veranstaltet vom Zentrum für Interreligi?se Studien, Literatur an der Universit?t, den Professuren für Judaistik und Neuere deutsche Literaturwissenschaft

Grundstruktur des neuen Gedichtbandes, aus dem Robert Schindel lesen wird, ist die Inversion. Das Gesagte kann sich blitzschnell umkehren ins Gegenteil, oder zumindest in ein grunds?tzliches Bedenken dessen, was in einem Vers sich ?u?ert und im n?chsten schon wieder zur Disposition steht. Die Gedichte bleiben nicht bei dem ersten Eindruck, den sie vermitteln,  stehen, sie drehen und wenden sich und scheinen darauf zu vertrauen, dass das Lesen diese schnellen Schlangenbewegungen mitmacht.

Wie die anderen Gedichtb?nde Robert Schindels, so ordnet sich auch dieser in einzelne Kapitel: ?Bleibt einer j?h stehen“, ?Zwischen Stundenglas und Nu-Mühle“, ?Bitter in meiner Lebenslust“, ?Klappe den Laptop zu“, ?Sich darin gütlich tun“, ?Als da der Mond aufzieht“ hei?en sie und zeigen, worum es in diesem Gedichtband ?geht“. Die Reflexion von Zeitlichkeit spielt eine gro?e Rolle, zudem nehmen wie immer bei Schindel die selbstreflexiven, das hei?t auf das Dichten selbst bezogenen Gedichte einen bedeutenden Raum ein. Nicht zuletzt jedoch geht es um das Schillernde, Facettenreiche der Sinnlichkeit, des Lebens und gerade hier sind die Inversionen der Scharlachnatter sichtbar, h?rbar auch. Unsichtbar sind die Verbindungen der Gedichte der einzelnen Kapitel untereinander: Sie sind nicht in einzelne Bl?cke getrennt, sondern korrespondieren miteinander, diffundieren ineinander. Am deutlichsten wird das dort, wo die Nacht den Imaginationsraum bildet. Vielleicht hat niemand nach Novalis die Nacht so gefeiert wie dieser Dichter!

Die Themen der Gedichte sind der Tod, die Liebe, sie handeln von den Dingen, die enden, die gelingen und sprechen von denen, die nicht gelingen, widmen sich dem Schmerz, der Lust, die Leid und dem Leid, das Lust kennt: ?Bitter in meiner Lebenslust“ (S. 40).

Die sch?nsten Gedichte sind die, die Selbstgespr?chen ?hneln und in der Mitte der Nacht ein schlafloses Ich sinnieren lassen. Ganz erfreulich ist, dass die Gedichte eigentlich nicht so melancholisch sind, wie man schon lesen konnte. Auch dort, wo der Tod ins Visier ger?t, schaut die Lebenslust um die Ecke. Und letztendlich bekommt das Lieben starke Worte, Worte, die sich auch vom Tod nicht schrecken lassen: ?Die W?rter pendeln / Trocknen nicht aus.“ (S. 90)