Literatur am Ende - Tagung
Zeitraum
16. bis 18. November 2022
Ort
Universit?t Bamberg (Institut für Germanistik/Neuere deutsche Literaturwissenschaft)
An der Universit?t 5, 96047 Bamberg
Seminarraum U5/02.22
Und im Stream über Zoom
Organisation
- Denise Dumschat-Rehfeldt
- Julia Ingold
- Simone Ketterl
- Jonas Meurer
- Magdalena Sperber
- Antonia Villinger
- Anna Lena Westphal
Die Tagung wurde gef?rdert von der Wüstenrot Stiftung und dem Universit?tsbund Bamberg e.V.
Tagungsband
Literatur am Ende. Putting *Sch?pfung* in *Ersch?pfung*. Hg. von Denise Dumschat-Rehfeldt, Julia Ingold, Simone Ketterl, Jonas Meurer, Magdalena Sperber u. Anna Lena Wesphal. Marburg: Büchner 2024.
Genauere Informationen finden Sie in den News und beim Büchner Verlag, auf dessen Seite der Band auch als Open Access verfügbar ist.
Der Tagungsband wurde gef?rdert mit Mitteln aus dem Open-Access-Publikationsfonds der Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg und durch die Wüstenrot Stiftung.
?ber die Tagung
?berall zeigen sich Ersch?pfungserscheinungen: In weniger lebenswichtigen Bereichen wie dem Literaturbetrieb wird das Papier knapp, in lebensnotwendigen Bereichen wie dem Gesundheitssystem verzehrt die Pandemie das Pflegepersonal. Es mag an dem Blick der ersch?pften Individuen zu pandemischen Zeiten liegen, dass sich überall das Ende anzukündigen scheint. Viele fühlen sich erinnert an décadence und ennui der vorletzten Jahrhundertwende, andere an mementomori und vanitas im Barock. Literaturwissenschaftler*innen, die sich sowieso leidenschaftlich in endlosen Referenzsystemen verlieren k?nnen, werden immerhin nicht müde Parallelen zu finden in den Ersch?pfungszust?nden unterschiedlicher Epochen. Wir sind nicht ersch?pft genug, um nicht über Ersch?pfung zu reden. Deshalb laden wir zu einer Tagung, in der wir die Sch?pfung in der Ersch?pfung suchen wollen. Es ist uns um sehr viel zu tun:
Die Literaturwissenschaft zeigt Ersch?pfungserscheinungen. Die kanonischen Autoren [sic!] gelten als überforscht und so verlieren sich Forscher*innen in Details wie Goethes W?schelisten. Das liegt nicht zuletzt an den zu enggefassten akademischen Kriterien für Literatur, die es wert ist, erforscht zu werden. Einer von drei Faktoren muss den Gegenstand legitimieren: 1. kommerzieller Erfolg – ?da kommt man nicht drum rum‘; 2. ?sthetische Qualit?t, gem?? von der Literaturwissenschaft selbst gesetzten Kriterien; 3. soziologisches Interesse, meist verbunden mit einem absch?tzigen Blick auf ?bildungsferne Milieus‘. Das macht es schwer, aus dem ersch?pften Kanon auszubrechen. Dabei ist bereits die Literatur selbst, die sich diesen Kriterien beugt, ersch?pft. Nicht nur im Sinne einer ?berforschung, sondern auch im Sinne eines repetitiven Selbstbezugs, der sich im Zitat verliert. Literatur, die ?sthetisch legitimiert sein will, scheint sich durch ihre immer koketter werdenden selbstreflexiven Volten nur noch der Literaturwissenschaft anzubiedern.
Hier k?nnte ein sch?pferisches Moment in der Ersch?pfung ansetzen: neue ?sthetische Qualit?ten entdecken in (noch) nicht kanonisierten Texten, soziologisch oder kommerziell legitimierte Gegenst?nde ?sthetisch erkunden. Das geschieht teilweise bereits, wenn zum Beispiel endlich Dramatikerinnen des 18. oder Rapper des 21. Jahrhunderts in den Fokus rücken. Sp?testens in der pandemischen Zeit mit der Wanderung des Soziallebens ins Virtuelle tut sich au?erdem die Frage auf, ob gedruckte Texte überhaupt noch die Aufmerksamkeit verdienen, die sie (noch) in der Forschung bekommen. Ist nicht das Papier nicht nur im materiellen, sondern auch im idealen Sinne l?ngst ersch?pft, weil die Musik der Gegenwartsliteratur l?ngst auf Twitter, Wattpad und Co. spielt? Und was ist damit, dass pl?tzlich durch Digitalisierung alter Best?nde sehr viele physisch angegriffene Texte mit einem Klick einem Massenpublikum, so es sich dafür nur begeisterte, zug?nglich w?ren?
Wir wollen über alles h?ren und über alles reden: Theoretisches zu Kanonbildung und literaturwissenschaftlichen Methoden, Historisches zum Motiv und der Tradition der Ersch?pfung, Analytisches zu ersch?pften Formen und Gattungen, Materialistisches zu Bildschirmen und Papier. Als Anregung zu literaturhistorischen, literaturphilosophischen bis hin zu poetologischen und literarischen Beitr?gen m?gen folgende Schlagw?rter dienen:
- Ecocriticism: Land unter in der Literatur/wissenschaft
- Im Spiegel ist Weltersch?pfungstag, im Traum wird geschlafen.
- Aufschub: Warten als utopischer Zustand
- Boreout: ?berforderung durch Langeweile
- Hedonismus und Euphorie haben als Allheilmittel versagt.
- ?Kapitulation ist das sch?nste Wort in deutscher Sprache.“ (Tocotronic)
- Rache
- Putting *Nation* in *Resignation*
- ?berforschung: Das Fach hat sich überlebt.
- Bedeutungsüberfrachtung führt in die Bedeutungslosigkeit.
- Zitieren und Kommentieren in Endlosschleife: von Jüdischen Texttraditionen lernen
- Melancholie
- Mythen der Er/sch?pfung
- Retina ist das neue Büttenpapier.
- fehlgeschlagene Versuche, ?sthetisch anspruchsvoll zu sein
- Burnout, Depression, Fatigue – Zeitdiagnostik am Limit
- Untergang und Neubeginn? Zyklische (Kultur-)Modelle