Der Nachhaltigkeitsdiskurs im Kontext der Prüfung GM I
Zum Methodenseminar Das Buch der Psalmen
Im Rahmen der Prüfung GM I sind die Studierenden aufgefordert, eine Perikope exemplarisch auszulegen und ihre Auslegung mit dem Nachhaltigkeitsdiskurs zu verbinden. Miriam Christina Reimer w?hlte Psalm 73 und erarbeitete für ihre Prüfung Folgendes:
Gesundheit und Wohlergehen
Der Psalm 73 thematisiert Gesundheit auf zweierlei Weise. Einmal geht es um k?rperliche Verletzlichkeit: Das Ich erkennt sich als verg?ngliches Wesen und beschreibt das eigene Leid (vgl. V. 14f). Doch das Einsehen der eigenen physischen Verg?nglichkeit führt nicht zu Resignation und Klagen, im Gegenteil findet die Sprechinstanz Trost und Hoffnung in einer jenseitigen Perspektive: ?Mag mir auch Fleisch und Herz dahinschwinden, der Fels meines Herzens und mein Anteil auf ewig ist Gott“ (V. 26).
Zum Zweiten beschreibt die Sprechinstanz in einem Reflexionsprozess das eigene psychische Wohlergehen: Als Personenmitte, Zentrum von Reflexion und Emotionalit?t nennt sie ihr ?Herz“ und ?Nieren“, die ?verbittert“ und voll ?Schmerzen“ seien. Aus dieser psychischen Krise hilft die Begegnung mit Gott und das Erkennen, das Gott auch im Leid mitgegangen ist (vgl. V. 22ff). Ein Ausweg aus der pers?nlichen Krise und heilsam für die psychische Gesundheit ist die Erfahrung, in Gottes Gegenwart zu stehen: ?Gottes-Nahen ist gut für mich“ (V. 28).
Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
Die Frage nach Gerechtigkeit ist zentral im Psalm 73: Die Erfahrung von Ungerechtigkeit hat die Sprechinstanz in eine tiefe pers?nliche Krise und Glaubenskrise geführt. W?hrend es den ?Frevlern“ gut geht, leiden diejenigen, die gerecht und gottesfürchtig leben. Eine irdische Institution, die diejenigen, die anderen Gewalt antun, zur Rechenschafft zieht, scheint zu fehlen. Auch der traditionelle Tun-Ergehen-Zusammenhang, der denjenigen, die ein gerecht handeln, ein gutes Leben verspricht, scheint au?er Kraft gesetzt. Letztlich gibt der Psalm aber die Perspektive auf eine neue, ausgleichende Gerechtigkeit in einem jenseitigen Gericht: Am Ende kommen die zu ihrem Recht, die im irdischen Leben Ungerechtigkeit erfahren mussten. Somit weist der Psalm 73 über das SDG hinaus, in dem er eine Gerechtigkeit verspricht, die vollkommen ist und die Dinge ins Gleichgewicht bringt. Unverm?gen und Grenzen von Institutionen klingen an.
Miriam Reimer (03/2025)
Zum Methodenseminar Simson – Liebhaber, Kraftmensch und Gott gesandter Retter (Ri 13-16)
Elleny Derleth analysierte die Perikope Ri 14,5–9 und blickt so auf ihre Prüfung zurück:
In meiner mündlichen Prüfung habe ich mich auf die Perikope Richter 14,5-9 fokussiert. Simson besiegt einen L?wen mit blo?en H?nden. Eigentlich ist er auf dem Weg nach Timna, um eine Philisterin zu heiraten. Die Szene wird oft als Ausdruck von Simsons St?rke gelesen, doch bei genauerer Analyse offenbaren sich auch tief verankerte Machtstrukturen, die kritisch betrachtet werden müssen.
In Gegenüberstellung mit dem SDG 5 – Geschlechtergleichheit, einem der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, zeigt sich, dass Simsons Handlungen und insbesondere seine Beziehung zu der Philisterin bzw. zu allen seinen Frauenbekanntschaften patriarchale Muster widerspiegeln. Obwohl die philist?ische Frau eine zentrale Figur in Simsons Leben ist – er will sie schlie?lich heiraten – bleibt ihre Stimme ungeh?rt, und sie wird nicht als handelndes Subjekt gezeigt. Ihre Gedanken, Gefühle oder Entscheidungen kommen nicht zur Sprache. Stattdessen bleibt sie passiv und wird zum Objekt von Simsons Wünschen und Handlungen.
Diese Form von Machtverteilung ist jedoch nicht auf den genannten Abschnitt beschr?nkt, sondern pr?gt die gesamte Erz?hlung über Simson (Ri 13–16). Immer wieder zeigt sich seine dominante Haltung im Umgang mit anderen – sei es gegenüber Frauen, Feinden oder sogar seinen eigenen Landsleuten. Er tritt meist als jemand auf, der allein entscheidet und handelt, ohne Rücksicht auf die Perspektiven oder Bedürfnisse anderer. Diese dominante Haltung Simsons spiegelt seine patriarchale Denkweise wider, die der Gleichstellung der Geschlechter widerspricht.
Simsons Handlungen und seine Interaktionen mit Frauen geh?ren in ein gesellschaftliches Umfeld, in dem M?nner die Kontrolle und Entscheidungsgewalt besitzen, w?hrend Frauen auf Beziehungspartnerinnen und Objekte m?nnlicher Interessen reduziert werden.
Die Simson-Erz?hlung zeigt eindrücklich, wie stark Geschlechterverh?ltnisse in Erz?hlmustern verankert sein k?nnen, auch wenn sie nicht offensichtlich im Vordergrund der Handlung stehen. Durch die Verbindung zur heutigen Zielsetzung des SDG 5 wird deutlich, wie wichtig es ist, solche Strukturen zu erkennen und sie im Unterricht bewusst zu thematisieren. Denn nur, wer sich mit diesen Themen auseinandersetzt, kann zu einer gerechteren und reflektierteren Gesellschaft beitragen.
Elleny Derleth (03/2025)
Zum Methodenseminar Jona - ein Prophet auf der Flucht vor Gott
Emma Magdalena Soderer w?hlte die Perikope Jona 3,3-10 und beendete ihre Prüfung mit folgenden Worten:
Die exegetische Erschlie?ung von Jona 3,3–10 zeigt: Die theologische Bedeutung der Episode besteht im Fokus auf Bu?e, Reue und Umkehr. Die Niniviten werden durch die Ankündigung ihrer Vernichtung wachgerüttelt und entscheiden sich, von ihrem ?Weg des B?sen“ (Jona 3,8) umzukehren. Wirft man einen Blick auf die Probleme der heutigen Zeit, so l?sst sich feststellen, dass es aktuell bereits eine Vielzahl drohender Szenarien gibt, welche die Weltbev?lkerung wachrütteln sollten. Aus diesem Grund spielt das Thema Umkehr eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs).
Vom K?nig bis hin zum einfachen Bürger begegnen alle Bewohner von Ninive der Botschaft Gottes mit demselben Engagement und derselben Bereitschaft zur Umkehr. Um etwas zu bewegen, müssen alle, unabh?ngig von Geschlecht, Herkunft oder finanziellen Mitteln, in ihren M?glichkeiten einen Beitrag zur Umkehr leisten. Dieses eindrucksvolle Bild von Gleichheit und gemeinsamer Anstrengung l?sst sich mit dem SDG 10 (weniger Ungleichheiten) verknüpfen. Dabei sollte auch das Ziel, soziale Ungleichheiten zu verringern, nicht vernachl?ssigt werden.
In Verbindung mit dem SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) l?sst sich vor allem die Bedeutung einer Umkehr hin zu sozialer Gerechtigkeit betonen. Zudem zeigt die Rolle des K?nigs als Führungsperson die Notwendigkeit starker Institutionen auf. Diese Institutionen k?nnen durch gezielte Ma?nahmen zur kollektiven Umkehr beitragen und gleichzeitig durch Ver?nderung des eigenen Verhaltens als Vorbilder dienen.
Die Auseinandersetzung mit dem biblischen Text verweist auf die Notwendigkeit von radikaler Umkehr angesichts der Krise, in der alles, die gesamte Existenz des Menschen und seiner Lebensgrundlage, auf dem Spiel steht.
Emma Magdalena Soderer (09/23)